Flächenbewusste Kommune

Quelle: www.kommunal.de

 

Flächenbewusste Kommune: Ein Bürgermeister erklärt sein Erfolgsrezept

Die Klosterstadt Waldsassen, geprägt von der mächtigen barocken Klosteranlage und der weithin sichtbaren Basilika, war Standort der keramischen Industrie. Anfang der 1990er Jahre kam plötzlich das Aus.  Nach und nach folgten weitere Industriezweige. Gleichzeitig stand die Klosteranlage kurz vor dem baulichen Kollaps. Sinkende Einwohnerzahlen und wirtschaftliche Probleme stellten sich ein.

Heute zeigt sich Waldsassen bunt und ist eine aufstrebende Stadt im Nordosten Bayerns. Stabile Einwohnerzahlen und ein reges kulturelles, soziales, aber auch wirtschaftliches Leben macht die Stadt zum Zentrum der Region. Nicht umsonst wurde Waldsassen – gemeinsam mit der tschechischen Nachbarstadt Cheb/Eger von Dr. Markus Söder zum  „grenzüberschreitenden Oberzentrum“ eingestuft.

Wie Waldsassen zur flächenbewussten Kommune wurde...

Was war passiert und was hat das mit Flächensparen zu tun? Nun das ist schnell erklärt. Seit 1986 führte die Stadt kontinuierlich Stadterneuerungsmaßnahmen mit Hilfe der Städtebauförderung durch. Bei der baulichen Entwicklung waren die topografische Tallage als auch die Besonderheiten der Kulturlandschaft zu beachten. Es wurde ein Konzept entwickelt, mit den vorhandenen Flächen auszukommen und dennoch Entwicklung zu ermöglichen.

Wenn Gebäude marode werden, brach liegen und sich kein Käufer findet, dann nehmen wir es in den Fokus. Wir suchen Investoren oder erwerben selbst die Immobilien, räumen die Fläche frei oder sanieren, was Sanierens wert ist.  Die Tätigkeiten haben mir auch den Titel „Abbruchbürgermeister“ eingebracht. Doch es wird nicht nur aufgeräumt, sondern auf den Flächen entstand auch Neues. 

Auch ein Leerstandskataster wurde erstellt, damit vom Leerstand bedrohte beziehungsweise brach liegende Wohngebäude erfasst und frühzeitig erkannt werden können. Viele dieser Gebäude sind inzwischen saniert und neu belebt. Für die Stadt wichtige, teils denkmalgeschützte Gebäude werden dabei durch die Stadt selbst saniert. Neuer Wohnraum – überwiegend mitten im Stadtzentrum – ist entstanden und wird auch weiter entwickelt.

Die Idee, flächenbewusste Kommune zu werden, ging vom Stadtrat aus...

Basis war ein Grundsatzbeschluss des Stadtrats, der Innenentwicklung vor Außenentwicklung zur Selbstverpflichtung beinhaltet. Große Immobilien inmitten des Stadtzentrums gehören dem örtlichen Cistercienserinnen-Orden in Waldsassen. Der Konvent mit seiner Äbtissin Laetitia Fech hat diese Liegenschaften nach und nach mit staatlicher Förderung renoviert und ebenfalls mit neuem Leben versehen (Tagungs- und Hotelbetrieb, betreute Wohneinrichtung, Wohnungen).

Inzwischen ist der Bevölkerungsrückgang gestoppt. Trotz reger Bautätigkeit mussten kaum neue Flächen genutzt werden. Fast immer konnten beplante oder ursprünglich bebaute Flächen dazu verwendet werden. Die Stadt ist heute aufgeräumter als vor Jahren, da marode Bausubstanz gewichen ist. Trotz der intensiven Neubelebung findet sich immer noch genügend Potenzial in Waldsassen, dieses Konzept weiter fortzuführen und somit den Flächenverbrauch auf ein Minimum zu beschränken.

Ein Blick nach Waldsassen lohnt sich. Neue Herausforderungen werden bei uns mutig und aktiv angegangen. Als ein Pflegeheim geschlossen werden musste, da es auf einen Standort konzentriert wurde, gelang es der Stadt, diese Immobilie für den Neubau des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung zu vermitteln, die sich im Rahmen der Ämterverlagerung Waldsassen als einen der Außenstandorte erkoren haben.

Vor wenigen Wochen ein herber Schlag: Das Krankenhaus in Waldsassen, das zuletzt eine erfolgreich wirkenden orthopädische Rehaeinrichtung beherbergt hat, ist in Folge der Corona-Pandemie geschlossen worden.

Was das für die Planungen konkret bedeutet...

Ohne zu zögern liefen sofort die Planungen an, wie neues Leben in das Gebäude einkehren könnte.
Immer unter dem Aspekt, sonst notwendige Neubauten auf der Grünen Wiese zu vermeiden und gleichzeitig die Innenstadt zu stärken und zu beleben.

Das Engagement wurde belohnt. Waldsassen wurde als eine der ersten bayerischen Kommunen im Oktober 2019 mit dem neuen staatliche Gütesiegel "Flächenbewusste Kommune" durch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber und dem damaligen  Bayerns Bauminister Dr. Hans Reichhart ausgezeichnet.

Auf den Wettbewerb wurden wir von der Abteilung Städtebauförderung der Regierung der Oberpfalz, die uns übrigens hervorragend unterstützt, hingewiesen. Selbst hätten wir das wohl gar nicht in Angriff genommen, da wir  mit unseren vielen Aufgaben beschäftigt sind.

Beim Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen wurde uns aber schnell klar, dass wir prädestiniert sind für diese Auszeichnung. Unser Credo beruht letztendlich – nicht zuletzt aufgrund unseres klösterlichen Hintergrunds und den Regeln, nach denen unsere Klosterschwestern hier leben – auf der Bewahrung der Umwelt und Natur. Flächensparen bedeutet letztendlich,  die Schöpfung, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Nichts anderes tun wir.

 

„Die Tätigkeiten haben mir auch den Titel Abbruchbürgermeister eingebracht. Doch es wurde nicht nur aufgeräumt, sondern es entstand auch Neues.“

Bernd Sommer, Bürgermeister von Waldsassen

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